(Wehrhaft! - Foto Mikael Tham)
Werden beorderte Reservisten nach den vorrangigsten Problemen im Zusammenhang mit ihrem Dienst für Deutschland befragt, landet die Frage der 'Arbeitgeberakzeptanz' -heißt, die oft nur bedingt oder überhaupt nicht vorhandene Bereitschaft der Arbeitgeber, ihre engagierten Mitarbeiter auch nur unbezahlt für eine Reservedienstleistung freizustellen- stets auf den vordersten Plätzen!
Dies ist genau seit dem Zeitpunkt so, als die allgemeine Wehrpflicht zum 1. Juli 2011 ausgesetzt (vulgo abgeschafft) wurde. Dieser Sachverhalt, der logischerweise nach sich zog, dass auch Reservisten nicht mehr verpflichtend einberufen werden konnten, wurde damals vor bald 10 Jahren gefeiert. Heute ist dies angesichts der damit verbundenen, allerdings vorhersehbar gewesenen, Personalprobleme bei der Truppe, wie auch ihrer Reserve, zumindest in (der Politik nicht das Wort redenden) Fachkreisen, bei weitem nicht mehr durchgängig der Fall.
Am 7. November (Samstag) gegen Mittag erreichte die RSUKp RP eine Einsatzabfrage des Chefs auf Veranlassung des 'Kommando für Territoriale Aufgaben der Bundeswehr' (Kdo TA) mit hoher Dringlichkeit. Der Meldetermin für die abgefragte Bereitschaft der Kompanie war bereits für den darauffolgenden Montag um 13 Uhr festgelegt. Ungeachtet des Wochenendes war demnach binnen 48 Stunden die Bereitschaft für den bundesweit ausgerufenen RSU-Einsatz zu melden.
Es ist davon auszugehen, dass die Kameraden zumindest teilweise ihre Arbeitgeber bereits während des Wochenendes wegen der außerordentlich kurzfristig erforderlichen Freistellung kontaktierten. Der geplante Beginn des zunächst auf 4 Wochen festgesetzten Einsatzes war bereits drei Tage später. Eine Aufsplittung der Einsatzdauer auf 2 x 2 Wochen war laut dem Aufruf des Kdo TA ausdrücklich möglich - ein zeitlich kürzerer Einsatz aus organisatorischen Gründen hingegen nicht. Da Lokalpresse und offizielle Soziale Plattformen längst voll sind mit entsprechenden Meldungen, verrate ich hier kein Dienstgeheimnis, wenn ich die Art des Einsatzes benenne: Amtshilfeersuchen des Landkreises Märkisch Oderland (Brandenburg) zum Zwecke der Eindämmung der Ausbruchs der 'Afrikanischen Schweinepest' (-> Suche nach verendeten Tieren = Fallwild).
Ich will den weiteren Ablauf an dieser Stelle abkürzen:
- 10. November: Abruf der schriftlichen Einverständniserklärungen für alle, die Bereitschaft gemeldet hatten, bei gleichzeitiger Verlegung des Einsatzbeginns um vier Tage auf den 16.11.
- 13. November: Absage des Kdo TA, adressiert an alle Kameraden, die für die ersten 2 Wochen gemeldet hatten - und längst auf gepackter Ausrüstung saßen.
- 17. November: Absage des Kdo TA -nach dreimaliger Verschiebung des Entscheidungstermins- an die Einsatzkräfte für den zweiten Zweiwochenzeitraum. Begründung (zugestellt via LKdo RP): "Ihr Einsatz wurde leider nicht genehmigt".
Dass die Kameraden, denen es tatsächlich möglich war, so kurzfristig ihrem AG eine Freistellung abzuringen, enttäuscht über diese absolut nicht erwartete Ausladung waren, um es einmal freundlich auszudrücken, ist die eine, persönliche Seite.
Dass dieses Verfahren allerdings in allerhöchstem Maße kontraproduktiv für die Frage der 'Arbeitgeberakzeptanz' für künftige Maßnahmen ist, ist die andere, für die beorderte Reserve vermutlich sehr viel schwerwiegendere!
Hier werden engagierte Kameraden bei Ihren Arbeitgebern, Vorgesetzten und Kollegen vorgeführt und letztlich der Lächerlichkeit preisgegeben. Warum soll ich als Arbeitgeber meinem Mitarbeiter eine außerordentlich kurzfristige Freistellung erteilen, wenn die Bundeswehr selbst nicht weiß, was sie will?!
Ich habe in der Kompanie einige Stimmen/Stimmungen eingeholt. Ein gecancelter Kamerad berichtete, dass seine Vorgesetzte spontan ihren eigenen Urlaub verschob, um ihm den Einsatz zu ermöglichen. Ein anderer nahm es mit Sarkasmus und vermerkte nur, dass der Spott von Vorgesetzten und Kollegen am nächsten Arbeitstag heftig werde - er dies aber durchstehe.
Ich würde dieses Geschehen hier nicht erwähnen, wäre es ein unglücklicher Einzelfall - shit happens. Aber, wenn ich mich die vergangenen 7 - 8 Jahre zurückbesinne, muss ich sagen, es kommt mit schöner Regelmäßigkeit vor, dass verbindliche Verfügbarkeiten mit mehr oder weniger hoher Dringlichkeit abgefragt werden, bevor das Kdo TA, respektive das zuständige LKdo überhaupt final über einen Einsatz entschieden hat. Ich meine, das kann man mit der aktiven Truppe machen, die so oder so zur Verfügung steht. Bei voll im Zivilleben verpflichteten Reservisten sollte hier etwas mehr Feingefühl, meint Entscheidungsbereitschaft, der zuständigen Stellen im Vorfeld walten.
Die oben beschriebene Vorgehensweise, mögen vielleicht hart gesottene, von der Bundeswehr-Realität gestählte Reservistenkameraden gerade noch akzeptieren können -wenn auch mit der Faust in der Tasche-, Arbeitgeber können das mit großer Sicherheit nicht nachvollziehen!
Ich kann hier nur beschreiben, wie es in der eigenen Kompanie gelaufen
ist. Wie man hört und liest sind allerdings mindestens 8 weitere
RSU-Einheiten involviert (es kursieren verschiedene Zahlen in den Veröffentlichungen) . Für mich sieht das im Nachhinein so aus, als dass das Kdo TA bereitwillig nach dem Füllhorn 'RSU' greift, nominal etwa 900 Kameraden zu ihren Arbeitgebern schickt, um sich dann zwecks Minimierung des eigenen organisatorischen Aufwands die herauszupicken, denen es möglich ist, den gesamten Einsatzzeitraum von 4 Wochen abzuleisten ('Cherrypicking'). Dies mag ökonomisch sehr sinnvoll sein, hat aber mit Menschenführung und schon gar nicht mit der Werbung für eine Sache zu tun. Für die Frage einer Förderung der Arbeitgeberakzeptanz erscheint es mir schlicht desaströs!
Mich würde einmal interessieren, wie das gleiche Verfahren in den
Schwesterkompanien der anderen Bundesländer gelaufen ist (Kommentar hier
im Blog, oder den Reservisten-Plattformen, auf denen ich dies verlinke
oder gerne auch via Email - siehe Impressum).
Dabei wurde und wird seit Jahren immer wieder seitens der Bw-Verantwortlichen verkündet, wie wichtig es sei, für das Wohlwollen und Verständnis der Arbeitgeberseite zu werben.
Da werden extra Flyer entwickelt, da werden jährlich stattfindende Preisverleihungen „Partner der Reserve“ ausgelobt, "bei der Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen öffentlichkeitswirksam durch die Bundesministerin der Verteidigung und den Präsidenten des VdRBw ausgezeichnet werden, die sich in besonderer Weise um die Reserve verdient gemacht haben ... " und so weiter und so fort.
Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die soeben veröffentlichte Weisung für die Reservistenarbeit in den Jahren 2020 - 2022, in der diesem Thema unter Position 7 ein eigenes Kapitel gewidmet wurde. Ich denke, ich sollte dort einfach einmal nachfragen, wie das alles zusammenpasst.
Vielleicht antwortet mir das Kdo TA ja auch direkt - in dann gerne hier zu veröffentlichender Form.
Soviel zu meinen persönlichen Eindrücken, betreffend den gerade laufenden RSU-Einsatz "Eindämmung der Afrikanischen Schweinepest". Öffentliches Feedback von den Kameraden vor Ort gibt es wie gesagt bereits verschiedentlich. Auch auf den offiziellen Auftritten der Bw auf Facebook sind bereits Bilder und Stimmen einsehbar (bspw. Bundeswehr in Sachsen und Bayern).
Ich wünsche den Kameraden viel Erfolg und Spaß in den kommenden 3 Wochen (gemeint sind immer sämtliche Geschlechter - ich mache den Gender-Quatsch nicht mit).